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Qualzucht und falsche Fütterung: Das stille Leid der Haustiere

Von Tierwohl ist derzeit viel die Rede, im Fokus sind dabei in der Regel Kühe, Schweine, Hühner & Co. Es sind jedoch nicht allein die Nutztiere, denen ein genauer Blick auf die Haltungsbedingungen gelten sollte: Auch manches ach so geliebte Haustier leidet. Es leidet an seinen Menschen, die wenig oder nichts über seine Bedürfnisse und darüber wissen, wie ein artgerechtes Leben für ihren tierischen Mitbewohner aussehen würde.

 

Kitten oder Hundewelpen, die von Kindern gedrückt, bespielt und zwangsweise bekuschelt werden – für die Tiere eine Qual, aus der sie sich kaum selbst befreien können.

 

Hunde, die, vollgestopft mit Leckerli, aussehen wie Rollen auf vier Pfoten und frühzeitig mit Arthrose und anderen durch Fettleibigkeit bedingten Erkrankungen zu kämpfen haben.

 

Für dieses stille Leid der Haustiere hat Prof. Dr. Achim Gruber eine drastische Beschreibung gefunden: "Das Kuscheltierdrama". Gruber kennt dieses Drama aus fachlicher Perspektive: Er leitet das Institut für Tierpathologie an der Freien Universität Berlin. Das heißt, er obduziert verstorbene Haustiere und erhascht dabei mehr als einen Blick auf die dunkle Seite der Haustierhaltung.

 

Besonders kritisch beleuchtet der Tierpathologe die Zucht – häufig passender als Vermehrung zu bezeichnen – von (nicht nur) Hunden und Katzen, klagt "unbeabsichtigt eingezüchtete Defekte" an, beim Schäferhund, beim Dackel, bei extrem kurzköpfigen Rassen – mit entsprechender Deformation von Nase und Rachen, von Fachleuten brachyzephales Syndrom genannt.

 

Weit über die Hälfte der Todesursachen bei Hunden und Katzen ist am Ende menschengemacht. Früher waren es Unter- und Mangelernährung, heute sehen wir viel mehr Fettsucht und artfremde Fütterung. Falsche Zuchtziele und Inzuchtfolgen sind ein Riesenthema, wir züchten seit Jahrzehnten unsere besten Freunde immer kaputter: Gelenkprobleme, Krebs, Epilepsien, Allergien, Querschnittslähmung durch defekte Bandscheiben, und dann erst die vielen tauben Hunde und Katzen, die für eine vermeintlich schöne Fellfarbe ihr Gehör verloren haben. Wie pervers ist das denn alles? „Vernachlässigung“ bekommt damit eine andere Interpretation: Früher starben Tiere, wenn man sie verhungern oder erfrieren ließ

 

Auszug aus dem Buch "Das Kuscheltierdrama" von Prof. Dr. Gruber

 

Quelle: shz.©2020